Sprache wählen

«Deutschland war ein wichtiger erster Schritt» 

«Deutschland war ein wichtiger erster Schritt» 


Der 26. Oktober ist immer ein spezieller Tag für Crowdhouse. An diesem Tag im Jahr 2015 ging crowdhouse.ch online. Seit diesem Moment sind 7 Jahre vergangen, die von Wachstum und Weiterentwicklung geprägt waren. Im grossen Jahresinterview spricht Crowdhouse CEO Robert Plantak über die Transformation seines Unternehmens, die wichtigsten Entwicklungen der letzten 12 Monate und die strategischen Hintergründe der internationalen Expansion, die in diesem Jahr begonnen hat. 


Im Oktober 2015 ging crowdhouse.ch online. Das ist 7 Jahre her. Was ist heute anders als damals? 
Zu viel, um alles aufzuzählen. Aber die Veränderungen zeigen sich bereits im Grundlegenden: Als crowd-house.ch 2015 online ging, waren wir 4 Mitarbeiter. Heute sind wir knapp 160 Köpfe mehr. Wir sind von einem kleinen Büro in Wollishofen, bei dem unsere Küche gleichzeitig das Sitzungszimmer war, an unseren jetzigen Standort gezogen. Hier haben wir eine sensationelle In-frastruktur auf 5 Etagen mit ausreichend Platz an hervorragender Lage direkt beim Sihlcity. 


Das Unternehmen ist stark gewachsen – auch gemessen an der Anzahl Mitarbeiter. Welche Bereiche waren dafür massgebend? 
Wir haben in den letzten Jahren viele Ressourcen in die Software-Entwicklung investiert. Dieses Team macht in der Zwischenzeit fast 40% der gesamten Belegschaft aus. Daneben konnten wir die hauseigene Verwaltung und Bewirtschaftung aufstocken. Das Real Estate Asset Management umfasst heute fast 40 Personen. Diese zwei Bereiche waren massgeblich für das Mitarbeiterwachstum verantwortlich. 


Wenn Sie das letzte Jahr komprimieren – was war die zentrale Crowdhouse- Geschichte in den letzten 12 Monaten? 
Mir kommen zwei Dinge in den Sinn: Zum einen haben wir die Software- Entwicklung in den letzten 12 Monaten noch konsequenter vorangetrieben. Die Transformation vom Immobilien- zum Software-Business ist ein fundamentaler und allgegenwärtiger Prozess mit weitreichenden Implikationen für das ganze Unternehmen. Und er bildet die Grundlage für den Schritt ins Ausland. Womit wir beim zweiten Punkt wären: Die Expansion nach Deutschland zur Mitte des Jahres war ein grosser Meilenstein.


Ein Meilenstein, von dem man im ersten Moment kaum etwas mitbekommen hat – der Release in Deutschland verlief ohne grosse Kommunikation. 
Wir haben uns bewusst für einen «Silent Release» entschieden und keinen Wert auf Publicity gelegt. Uns war es in erster Linie wichtig, in Deutschland eine technisch einwandfreie und in allen Belangen konforme Lösung einzuführen und diese reibungslos in das bereits bestehende Angebot zu integrieren. Die Bewerbung erfolgt in einem ersten Schritt über bestehende Kontakte und interne Kanäle. Die gleiche Strategie sind wir gefahren, als wir vor wenigen Jahren die Plattform für externe Verkäufer geöffnet haben – mit Erfolg. 


Können Sie diese Lösung beschreiben? Was genau bietet Crowdhouse in Deutschland an? 
Den Online-Marktplatz für Rendite- Immobilien. Seit Mitte dieses Jahres können Eigentümer und Makler auch deutsche Rendite-Immobilien auf Crowdhouse zum Verkauf anbieten und unsere Plattform mit allen Funktionen für eine Transaktion nutzen. Die Expansion umfasst ausschliesslich Software- und Plattform-Komponenten. Es geht uns nicht darum, in Deutschland ein zusätzliches Immobiliengeschäft aufzubauen – weder mit Miteigentum noch mit einem anderen Modell. 


Was bedeutet diese Expansion im grösseren strategischen Kontext von Crowdhouse? 
Deutschland war ein wichtiger erster kleiner Schritt, mit dem wir bereits wichtige Blaupausen für weitere Länder legen konnten. Schlussendlich wollen wir unseren Marktplatz für Rendite-Immobilien global ausweiten und diesen ins Zentrum eines vollumfänglichen Software-Angebots stellen. Wir bauen webbasierte Instrumente, welche sowohl professionelle als auch private Marktteilnehmer brauchen, um Transaktionen von Rendite-Immobilien endlich effizienter, transparenter und erfolgreicher abzuwickeln. Die internationale Erweiterung des Marktplatzes spielt dabei eine wichtige Rolle. 


Wie kann sich dieser Marktplatz im internationalen Umfeld behaupten? Wie positioniert er sich? 
Wir etablieren nicht einfach nur irgendeine weitere Inserate-Plattform, sondern kreieren eine komplette Transaktionsmaschine und liefern dabei nicht nur das Schaufenster, sondern alle Instrumente, die es für die Durchführung einer Transaktion benötigt. Und das vollumfänglich für Käufer- und Verkäuferseite – von der Erstellung und Strukturierung von Angeboten über die Vermarktung und Sorgfaltsprüfung bis zur effektiven Eigentumsübertragung. Eine zentrale Rolle dabei spielt unser «Online-Off-Market»-Ansatz: Die Plattform ist so ausgerichtet, dass Angebote mittels Matching-Algorithmus jeweils nur einer möglichst kleinen Gruppe von verifizierten Interessenten unterbreitet werden. Dadurch kombinieren wir maximale gezielte Reichweite und minimale Visibilität. 


«Nur verifizierte Interessenten» bedeutet im Umkehrschluss: Wer sein Käuferprofil nicht definiert, erhält keine Angebote? 
Benutzer, die sich nicht verifizieren und ihr Käuferprofil nicht definiert haben, sehen diejenigen Angebote, bei denen die Veröffentlichung nicht eingeschränkt wurde – also nur solche Angebote, die alle anderen auch sehen. Als Beispiel: Bei den meisten Immobilien, welche Crowd-house selbst exklusiv im Mit- und Alleineigentum vermarktet, wird die Verbreitung bereits heute beschränkt. Der Grossteil dieser Angebote wird nur verifizierten Kaufinteressenten angezeigt. 


Wie gut passt das Setup von Crowdhouse nach Deutschland? Lässt es sich international 1:1 umsetzen? 
Ich bin früher lange Zeit davon ausgegangen, dass die Schweiz bezüglich Digitalisierung des Immobilienmarkts hinterherhinkt. Seit ich mich ausführlich mit der Expansion von Crowdhouse beschäftige, bin ich vom Gegenteil überzeugt. Wir gehören – trotz eher bescheidener Fortschritte im Bereich der Digitalisierung – zu den Vorreitern. Die Probleme, die wir heute in der Schweiz lösen, findet man ausnahmslos auch auf allen anderen Immobilienmärkten dieser Welt. Dementsprechend gut passt unser Setup – in Deutschland und auch überall sonst. Gesetzliche oder strukturelle Besonderheiten gibt es dabei auf jedem Markt. Das Grundprinzip ist allerdings überall das gleiche. 


Vom nationalen Crowdinvesting- Anbieter zum internationalen Software-Unternehmen in wenigen Jahren. Wie sehr ist diese Veränderung in den Köpfen angekommen? 
Der Veränderungsprozess, der stattfindet, ist enorm und es ist völlig logisch, dass sich die Transformation in der allgemeinen Wahrnehmung noch nicht in vollem Ausmass durchgesetzt hat – weder intern noch extern. Und das ist auch völlig in Ordnung. Wir haben viel Zeit und Energie investiert, um uns als führender Anbieter von Immobilien- Miteigentum in der Schweiz einen Namen zu machen und wir wollen diese Herkunft in keinster Weise vernachlässigen. 

Das Immobilien-Miteigentum bleibt also auch in Zukunft ein wichtiger Faktor? 
Natürlich! Wir haben in den vergangenen Jahren viel investiert und aufgebaut, um dieses Produkt so anbieten zu können, wie wir es heute tun. Viele erfahrene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich ausschliesslich um diesen Geschäftsbereich. Daran wird sich nichts ändern. Das Immobiliengeschäft in der Schweiz bleibt eine unserer wichtigsten Kernkompetenzen. 

Daneben will Crowdhouse in Zukunft mit Software Geld verdienen. Wie unterscheidet sich dieses Geschäftsmodell vom Kerngeschäft mit Schweizer Immobilien? 
Mit Crowdhouse verdienen wir heute in erster Linie Geld durch die Vermittlung von Liegenschaften mittels Dienstleistungshonoraren und durch das Management unseres Portfolios. Das ist ein sehr traditio-nelles Geschäftsmodell. Das Modell im Bereich Software basiert auf monatlichen oder jährlichen Lizenz-und Nutzungsgebühren. Wir haben in den letzten 7 Jahren ein fantastisches System entwickelt, um Deals, Kunden und Transaktionen zu managen – ein System, von dem wir wissen, dass auch andere es gerne benutzen würden. Nun werden wir alles daran setzen, dieses System kontinuierlich weiterzuentwickeln, auf den Markt zu bringen und erfolgreich zu monetarisieren. 

Kommen wir am Schluss zurück zum Schweizer Immobilien-markt. Viele Voraussetzungen haben sich geändert. Viele Marktbeobachter sprechen von einer Zeitenwende. Sie auch? 
Die Ära der Negativzinsen ist vorbei und es ist gut und wichtig, dass wir diese geldpolitische Anomalie endlich hinter uns lassen. Ich bin allerdings kein Freund davon, bei solchen Entwicklungen sofort Extremszenarien aus der Schublade zu holen. Die Nationalbank hat im September den Leitzins einen halben Prozentpunkt über Null gesetzt und schon liest man in allen Medien über den garantierten bevorstehenden Untergang des Schweizer Immobilienmarkts. Das ist lächerlich. 

Sie sehen die Zukunft des Schweizer Immobilienmarkts relativ entspannt. Was macht Sie so zuversichtlich? 
Die mittel- und langfristigen Voraussetzungen. Auf dem Markt herrscht nach wie vor ein massiver Nachfrageüberschuss und daran wird sich in Zukunft kaum etwas ändern. In der Schweiz gibt es kaum noch Baulandreserven und die Bautätigkeit ist nicht zuletzt aufgrund von steigenden Baukosten, Lieferengpässen, Fachkräftemangel und massivem Gegenwind bei Baueingaben deutlich rückläufig. Die Zuwanderung ist konstant, wir schreiten schnurstracks Richtung 10-Millionen-Schweiz und sehen uns heute mit extrem tiefen und schnell sinkenden Leerständen konfrontiert – und das bei voraussichtlich steigenden Mieten. Gleichzeitig ist der Markt durch die Lex Koller vom Einfluss ausländischer Grossinvestoren geschützt. Das alles sind extrem stabile Faktoren, die sich – im Gegensatz zum Zinsumfeld – nicht so schnell ändern werden.