Leitzinsen und Wohnkosten | Zusammenhang für die Schweizer Inflation

How to Real Estate #51

  • Leitzinsen und Wohnkosten | Zusammenhang für die Schweizer Inflation

Die Inflationsbekämpfung ist aktuell wohl die grösste Herausforderung für Zentralbanken auf der ganzen Welt und die Hauptwaffe in diesem Kampf sind Zinserhöhungen. Höhere Zinsen = weniger Inflation. So steht es in den Ökonomie-Lehrbüchern und der Zusammenhang zwischen Zinsen und Inflation ist unbestritten. Aber ist es wirklich so einfach und so deutlich?

Der vollumfängliche volkswirtschaftliche Zusammenhang zwischen Zinsen und Inflation ist weitgreifend und komplex und für einen allumfassenden Erklärungsversuch würde es wohl einige Folgen von How to Real Estate benötigen. Deshalb hier eine simple Erklärung in Kurzform: Die Höhe der Leitzinsen hat einen direkten Einfluss darauf, wie viel Kredite aufgenommen und wie viel gespart wird. Je tiefer die Leitzinsen, desto günstiger sind Kredite. Bei tiefen Zinsen haben Konsumenten deshalb mehr Geld für Ausgaben zur Verfügung – es wird also viel gekauft, und diese starke Nachfrage wirkt sich schlussendlich in steigenden Preisen aus. Gleichzeitig ist aufgrund der tiefen Zinsen, Sparen nicht lukrativ. Steigen die Zinsen an, wird es für Konsumenten wieder interessanter, das Geld zu sparen, anstatt es auszugeben. Gleichzeitig wird es teurer, Kredite zu bedienen, dementsprechend bleibt weniger Geld zur Verfügung, um zu konsumieren. Das dämpft die Nachfrage und damit im Endeffekt auch die Preise.

Soweit so gut und aus dieser Perspektive ist es verständlich, wieso die Zentralbanken wie z.B. die FED in den USA, die EZB im Euroraum oder auch die SNB in der Schweiz in den vergangenen Monaten die Leitzinsen in mehreren Schritten nach oben korrigiert haben, um der Inflation entgegenzuwirken.

Der Landesindex der Konsumentenpreise

Wie wird die Teuerung in der Schweiz berechnet? Die Berechnung erfolgt anhand des Landesindex der Konsumentenpreise – kurz LIK. Der LIK misst die Preisentwicklung anhand des sogenannten Warenkorbes, welcher die wichtigsten von den privaten Haushalten konsumierten Waren und Dienstleistungen beinhaltet. Der Warenkorb ist entsprechend den 12 wichtigsten Ausgabenkategorien der Haushalte unterteilt und gewichtet. Der LIK misst – vereinfacht gesagt – wie viel ein Haushalt ausgeben muss, um entsprechenden Warenkorb zu konsumieren. Steigen die Preise, steigt logischerweise auch der Betrag, den ein Haushalt ausgeben muss, um genau diesen definierten Warenkorb zu erwerben. Und dabei spielen Wohnkosten eine ganz entscheidende Rolle.

Denn die Wohn- und Energiekosten machen mehr als 25% dieses definierten und gewichteten Warenkorbs aus. Und das bedeutet: Steigende Wohnkosten wirken sich jeweils besonders stark auf die berechnete Inflation aus. Und genau an diesem Punkt wird es enorm spannend. Denn – bei der Entwicklung der Wohnkosten spielt die Höhe der Leitzinsen eine nicht unbedeutende Rolle.

Und zwar in entgegengesetzter Logik, als man es von anderen Bereichen kennt. Grund dafür sind zwei Faktoren, die wesentlich von der Höhe des Leitzins beeinflusst werden – das ist zum einen der hypothekarische Referenzzinssatz und zum anderen die Bautätigkeit.

Baldige Mietzinserhöhungen?

Richten wir den Blick zuerst auf den hypothekarischen Referenzzinssatz. Zur Erinnerung: Der hypothekarische Referenzzinssatz wurde 2008 eingeführt, um Mietzinsanpassungen aufgrund von veränderten Fremdfinanzierungskosten gesamtschweizerisch zu regeln. Er wird vom Bundesamt für Wohnungswesen vierteljährlich festgelegt. Wenn er sinkt – was seit der Einführung 2008 kontinuierlich der Fall war – haben Mieterinnen und Mieter einen Anspruch auf eine Mietreduktion – wenn er steigt – was voraussichtlich im Jahr 2023 zum ersten Mal seit Einführung passieren wird, haben Vermieterinnen und Vermieter die Möglichkeit, bestehende Mietpreise zu erhöhen.

Steigende Referenzzinssätze führen also zu höheren Bestandesmieten – stellt sich also die Frage – woran richten sich diese Referenzzinssätze, die vom BWO alle 3 Monate festgelegt werden? Nun – sie richten sich am Durchschnitt aller Hypothekarforderungen, die von den Schweizer Banken ausgestellt wurden – und dementsprechend ist der Zusammenhang mit den Leitzinsen und die damit zusammenhängende Kausalkette klar: Höhere Leitzinsen bedeuten höhere Hypothekarzinsen – höhere Hypothekarzinsen rücken früher oder später den hypothekarischen Referenzzinssatz in die Höhe – und ein höherer Referenzzinssatz führt schlussendlich zu einer Anhebung der bestehenden Mietpreise.

Der Referenzzinssatz treibt die bestehenden Mieten nach oben – aber wie sieht es mit den sogenannten Angebotsmieten aus – also denjenigen Mietpreisen von Wohnungen, die neu ausgeschrieben werden? Nun – das Niveau dieser Angebotsmieten ergibt sich immer aus dem Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage und hier lautet das Schlagwort der Stunde «Wohnungsnot» – die Leerstände in der Schweiz sind seit Jahren rückläufig und – es sieht nicht danach aus, dass sich das in baldiger Zukunft so schnell ändert – denn – nicht nur die Anzahl der leeren Wohnungen ist rückläufig, sondern auch die Anzahl der neuen Baugesuche.

Rückläufige Bautätigkeit

Warum ist das so? dafür gibt es einen ganzen Cocktail an Gründen: Da wäre zum einen das extrem beschränkte Bauland in der Schweiz, die stark gestiegenen Baukosten oder die immer länger werdenden Verzögerungen aufgrund von Einsprachen, welche die Bautätigkeit aktuell dämpfen. Und es gibt auch einen ganz einfachen weiteren monetären Grund: Sie ahnen es – wir sind zurück bei den Leitzinsen – denn ja – auch die wirken sich auf die Bautätigkeit aus: Die Kausalkette ist auch hier relativ simpel: Je höher die Leitzinsen, desto schwieriger wird es für Entwickler, beim Verkauf einer neuen Liegenschaft einen hohen Preis zu erzielen – Das schmälert die Margen und dementsprechend auch die Bereitschaft, entsprechende Risiken einzugehen und einen Neubau zu realisieren.

Was bedeutet das alles nun für die Schweizerische Nationalbank? es bedeutet in erster Linie eine Reihe von Zielkonflikten bei der Festlegung der Leitzinsen und dass, in einem Umfeld, in dem es ohnehin enorm schwierig ist, abzuschätzen, inwiefern sich Leitzinsanpassungen überhaupt auf das Inflationsniveau auswirken. Die aktuelle Inflation basiert nämlich nicht ausschliesslich auf den Zinsniveaus – Themen wie Lieferkettenprobleme, steigende Energiepreise – ja sogar das warme Wetter oder die tiefen Wasserpegel im Rhein sind Faktoren, welche hier eine zentrale Rolle spielen.

Das Dilemma der SNB

Bei der Inflationsbekämpfung steht die Schweizerische Nationalbank also vor folgendem Problem: Auf der einen Seite sorgen steigende Leitzinsen dafür, dass weniger konsumiert wird – dass schmälert die Nachfrage und drückt im Zuge dessen auch die Preise – so, wie man es aus der klassischen Volkswirtschaftslehre kennt – auf der anderen Seite führen weitere starke Leitzinserhöhungen im Endeffekt dazu, dass die Referenzzinssätze steigen und die Rahmenbedingungen für dringend benötigte Neubautätigkeit noch unattraktiver werden. Das führt zu höheren Wohnkosten – und weil die einen wesentlichen Bestandteil des Warenkorbs ausmachen, welcher zur Berechnung der Inflation herbeigezogen wird, zu schwierigeren Voraussetzungen, die Inflation senken zu können.

Aber was heisst das jetzt alles für die zukünftige Entwicklung der Leitzinsen? Das ist schwierig vorausszusagen, aber man darf davon ausgehen, dass sich die Nationalbank dieser heiklen Lage und dem beschränkten Spielraum bewusst ist und bei zukünftigen Zinsschritten nicht zuletzt aus diesem Grund so moderat wie möglich agieren wird. Das Motto dürfte lauten: So viel wie nötig.

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